Netzfrequenzmessung
Die IEC (International Electrotechnical Commission) hat am 17.07.2023 die Technische Spezifikation (TS) "IEC TS 62786-41:2023 - Distributed energy resources connection with the grid - Part 41: Requirements for frequency measurement used to control distributed energy resources (DER) and loads" veröffentlicht. Darin werden erstmalig Mindestanforderungen an die Messung der Netzfrequenz und des ROCOF (Rate Of Change Of Frequency) für verschiedene Einsatzszenarien beschrieben, sowie Testmethoden zur Klassifizierung der Messgeräte hinsichtlich der Anforderungen.
In Physik und Technik wird die Frequenz als Maß für einen periodischen Vorgang wie z.B. einer fortdauernden Schwingung genutzt. Die Frequenz ist dabei der Kehrwert der Periodendauer. Doch betrachtet man den Verlauf der Netzspannung in einem Stromnetz, dann erkennt man neben der Grundfrequenz noch viele andere Komponenten wie z.B. harmonische Oberwellen, subharmonische Wellen, Phasensprünge sowie Spannungsschwankungen, welche durch die Vielzahl der angeschlossenen Einspeiser und Verbraucher erzeugt werden. Damit ist die Netzfrequenz keine Frequenz im physikalischen Sinne, sondern eine Summe aus verschiedenen rotierenden Vektoren. Besonders bei dynamischen Vorgängen im Stromnetz muss dies beachtet werden, um falsche Messergebnisse zu vermeiden.
Als Paradebeispiel für eine sehr einfache Umsetzung der Frequenzmessung kann der Wegfall von 1,2 GW Photovoltaik am 16.08.2016 in Kalifornien genannt werden. Wegen Buschbränden wurde vorsorglich eine Übertragungsleitung abgeschaltet. Dies führte zu einem Phasensprung auf den verbleibenden Leitungen. Die interne Frequenzmessung mehrerer Tausend PV-Umrichter interpretierte dies fälschlicherweise als kurzer Frequenzeinbruch von 60 Hz auf unter 57 Hz, weshalb die Steuerung der Umrichter eine Netztrennung wegen Unterfrequenz veranlasste. Damit wurden innerhalb weniger Millisekunden 1,2 GW PV vom Netz getrennt. Das Stromnetz konnte diesen Vorfall ohne Blackout abfangen, doch mit zunehmender Anzahl an Systemen mit einfacher Frequenzberechnung steigt die im Störungsfall abgeschaltete Leistung.
Die technische Spezifikation IEC TS 62786-41:2023 gilt für Systeme zur Steuerung von dezentralen Energieanlagen (Distributed Energy Resources, DER) und elektrischen Lasten. Messungen für z.B. Schutzfunktionen und -relais sind nicht im Geltungsbereich dieser Spezifikation enthalten. Diese Messungen werden bereits durch andere IEC-Normen, wie IEC 60255 118 1 und IEC 60255-181, abgedeckt. Eine TS ist oft ein Vorläufer zu einem internationalen Standard (IS) und damit nicht verpflichtend, sondern als Leitlinie zu sehen.
Weitere Informationen sind im Vortrag von Allen Goldstein zu finden. Die Spezifikation ist im Webshop des IEC sowie beim VDE Verlag erhältlich.
03.08.2023
Am 30.05.2023 um 10:28:29 Uhr stieg die Netzfrequenz innerhalb von 12 Sekunden um 93 mHz an. Es wurde bestätigt, dass die Ukraine, welche seit dem 27. Februar 2022 synchron mit dem Verbundnetz ist, aufgrund einer Störung temporär vom Verbundnetz abgekoppelt wurde.
Da das Verbundsystem zu dieser Zeit Strom in die Ukraine lieferte, stieg die Netzfrequenz im Verbundsystem an. In der Ukraine fiel die Frequenz ab, sie stabilisierte sich durch automatische Netzabwürfe bei ca. 48,2 Hz.
Auffällig ist an diesem Tag ist auch der langsamere Abfall der Netzfrequenz um 7 Uhr UTC um ca. 120 mHz, sowie um 8 Uhr. Dies kann verursacht werden, wenn zum Stundenwechsel ein eingeplantes Kraftwerk nicht startet.
05.06.2023
Seit dem Jahr 2017 läuft ein Projekt zum Anschluss der Ukraine an das europäische Verbundnetz. Am 27. Februar 2022 reichte der ukrainische ÜNB Ukrenergo eine Anfrage auf Notsynchronisierung bei den ENTSO-E für das ukrainische Stromsystem ein. Damit will man die Stabilität des ukrainischen Stromnetzes sicherstellen, welches bisher im russischen Verbundnetz IPS/UPS integriert war. Am Folgetag reichte der moldauische ÜNB Moldelectrica einen analogen Antrag ein, da Moldawien von Rumänien und der Ukraine umschlossen ist, und bei einer Synchronisierung der Ukraine keine Verbindung zum russischen Verbundnetz mehr hätte.
Am 16. März wurde nach Abschluss der wichtigsten Prüfungen zur Sicherstellung der Systemstabilität das Gebiet der Ukraine und Moldawiens mit dem europäischen Verbundsystem synchronisiert.
Da nicht alle Prüfungen abgeschlossen sind, wird von einer Notsynchronisation gesprochen. Sollte es Probleme mit der Stabilität geben, dann wäre ein Abwurf des Gebietes möglich. So wurde z.B. die Türkei schon mehrmals wegen Stabilitätsproblemen automatisch vom Verbundnetz abgekoppelt.
23.03.2022
Am 17. Mai 2021 kam es im Verbundnetz zu einem Frequenzabfall auf 48,844 Hz. Nach dem am 18. März 2022 veröffentlichten Abschlussbericht wurde aufgrund menschlichen Versagens im Umspannwerk Rogowiec (Polen) ein Leitungserdschalter ungewollt geschaltet, der dadurch auftretende Kurzschluss führte zum Ausall von zehn Erzeugungseinheiten des Kraftwerks Belchatów mit einem Verlust von 3,322 GW.
Die im Verbundnetz vorgehaltenen 3 GW Primärregelleistung kamen damit komplett zum Einsatz. Das Verbundnetz fuhr ca. 20 Minuten an der unteren Grenze des normalen Betriebs, es traten keine Einschränkungen auf.
Zur Vermeidung solcher oder größerer Probleme wurden Empfehlungen für organisatorische Maßnahmen beim Betrieb von Umspannwerken mit hohem Leistungsfluss ausgesprochen.
23.03.2022
Nach der Auftrennung des Verbundnetzes am 8. Januar 2021 gab es am 24.07.2021 eine erneute Auftrennung. Um 16:36 MESZ wurde Spanien vom zentralen Netz abgekoppelt, um 17:10 MESZ wurden die Netze wieder zusammen geführt. Es kam zu keinen größeren Stromausfällen, da beide Netze sich stablilsierten.
Der Grund für die Auftrennung ist noch nicht bekannt. Es gibt Vermutungen, dass eine 400 kV Hochspannungsleitung beim Löschen eines Brandes durch Löschwasser gestört wurde. Die Leitung konnte wieder in Betrieb genommen werden, dennoch kann diese Störung der ursprüngliche Auslöser zur Auftrennung gewesen sein.
In diesem Jahr wurde bei Störungen wie z.B. Kraftwerksausfällen der normale Regelbereich von ±200 mHz schon mehrmals verlassen. Zusammen mit den Netztrennungen ergibt sich ein zweiseitiges Bild. Einerseits zeigt sich, dass die für den Notfalll vorgesehenen Mechanismen funktionieren. Andererseits stellt sich die Frage, wieso sich die Vorfälle in letzter Zeit häufen.
26.07.2021
Die ENTSO-E gab bekannt (siehe Pressemeldung vom 08.01.2021), dass am 08.01.2021 um 13:05 UTC der südöstliche Teil des Verbundnetzes vom kontinentalen Teil getrennt wurde. Die Trennung wurde um 14:08 Uhr UTC wieder aufgehoben. In keinem der beiden Netzteile sei es zu größeren Störungen gekommen.
UPDATE 26.02.2021: Die ENTSO-E hat einen Untersuchungsbericht veröffentlicht. Siehe Bericht vom 26.02.2021
Grund für die Netztrennung war eine nicht erkannte Verletzung des n-1 Prinzips
Eine Überlast an dem Netzknoten Ernestinovo führte zu dessen Abschaltung. Dies ist im Netzbetrieb prinzipiell kein kritisches Ereignis. Es werden vorab beim Einreichen der Fahrpläne der Stromerzeuger, sowie auch während des Netzbetriebs Lastflussberechnungen durchgeführt, um kritische Situationen zu erkennen und ggf. durch Redispatching den Lastfluss zu ändern. Dabei wird das n-1 Prinzip genutzt. Es müssen immer so viele Komponenten in Betrieb sein, dass der Ausfall jeder einzelnen sowie auch der größten Komponente von den anderen aufgefangen werden kann, ohne zu einer Störung im Netz zu führen.
Die kritische Lastsituation in Ernestinovo wurde nicht erkannt, da der Netzknoten nicht in den Berechnungen enthalten war. Die ENTSO-E wird nun wahrscheinlich alle Netzkomponenten hinsichtlich der Relevanz für das n-1 Prinzip überprüfen, und die Berechnungen aktualisieren.
Der Netztrennung ging ein ungewöhnlich hoher Lastfluss voraus. In Südosteuropa war das Wetter warm, und wegen der
orthodoxen Weihnachtsferien war der gewerbliche/industrielle Stromverbrauch geringer. Im westlichen Europa hingegen war
das Wetter kalt, wodurch auch der Heizstromverbrauch höher lag. Die westlichen Regionen deckten sich mit günstigem Strom
aus den östlichen Regionen ein, wodurch der ungewöhnlich hohe Lastfluss entstand.
Die Stromerzeugun lief fahrplanmäßig, Wartungsarbeiten oder Ausfälle konventioneller oder regenerativer Kraftwerke gab es nicht.
Der Ausfall des Netzknotens wird in dem Bericht auch genauer untersucht. Prinzipiell haben alle Systeme gut funktioniert, der Netzknoten wurde bei langsamen kontinuierlichem Anstieg der Last auf 120 % der Auslegungsleistung betrieben. Die an das Leitsystem gemeldete Last stammte von einem anderen Messgerät als die für die Abschaltung genutzte Messung, und zeigte 4..8 % geringere Ströme an. Damit kamen die Warnungen der Überschreitung von 120 % in der Leitstelle an, doch es war nicht klar, dass die Messung zur Abschaltung schon bei über 130 % lag, wodurch diese nach 5 Sekunden auslöste.
UPDATE: Die ENTSO-E hat eine genauere Beschreibung veröffentlicht. Siehe
Update
vom 15. Januar 2021
Die Systemtrennung fand unterhalt von Ungarn statt. Kroatien und Rumänien waren jeweils in beiden Netzzonen vertreten.
Auswertungen des Wide Area Monitoring von gridradar.net zeigen, dass im Bereich um Rumänien ein Ereignis auftrat, welches zu Leistungsoszillationen und schließlich zur Abtrennung eines Teilnetzes geführt haben (siehe gridradar Blog).
Die Abtrennung des Teilnetzes hatte deutliche Auswirkungen auf die Netzfrequenz. So sank die Netzfrequenz um 13:04:55 Uhr UTC (14:04:55 Ortszeit CET) innerhalb von 14 Sekunden von ca. 50,027 Hz auf minimal 49,742 Hz. Damit wurde der normale Regelbereich von 50,000 Hz ±200 mHz verlassen. Die Netzfrequenz war zwar noch weit vom Abwurf der ersten Verbraucher bei 49 Hz entfernt (siehe Abschaltkriterien), doch die erste Stufe des Ablaufplans (Aktivieren von Leistungsreserven) wurde erreicht.
Der Wiederanschluss an das Verbundnetz um 14:08 Uhr UTC hingegen hatte keine Auswirkungen auf die Netzfrequenz.
Das erste Bild zeigt den Vorfall im zeitlichen Zusammenhang von 11:00 Uhr bis 14:45 Uhr UTC und die Zeitpunkte der Schaltungen. Die Netztrennung erfolgte um 13:05 Uhr, der Wiederanschluss um 14:08 Uhr UTC. Der erste Frequenzabfall um 13:00 Uhr entspricht dem normalen Systemverhalten beim Stundenwechsel, und ist z.B. auch um 12:00 Uhr zu sehen.
Das zweite Bild zeigt das Abfallen der Netzfrequenz um 13:04:54 Uhr von 50,028 Hz auf 49,742 Hz (-286 mHz) innerhalb von 14 Sekunden.
Danach folgt innerhalb von ca. 21 Sekunden eine Erholung auf ca. 49,85 Hz. Dieser Frequenzanstieg ist auf das Überschwingen der zeitlich
verzögert aktivierten Primärregelung zurückzuführen, die Frequenz pendelt sich dann bei ca. 49,85 Hz ein.
Um 13:08 Uhr wird die Rückführung der Netzfrequenz zurück auf 50 Hz sichtbar, welche ca. 20 Minuten später abgeschlossen ist.
Betrachtet man die Frequenz vor dem Ereignis und die sich nach Einschwingen der Primärregelleistung einstellende Frequenz, so kann über die Primärregelleistung vorher und nachher auf ein Leistungsdefizit von ca. 2,6 GW geschlossen werden.
Das dritte Bild zeigt den Frequenzverlauf im Größenverhältnis zu den Abschaltkriterien. Die erste Grenze zum automatischen Aktivieren von Leistungsreservern wurde für 15 Sekunden unterschritten. Um die nächste Grenze zum Abwurf von Speicherpumpen bei 49,2 Hz zu erreichen, hätte der Frequenzabfall ca. 3-mal so groß sein müssen.
08.01.2021
Die EEX Spot hat am 14.10.2020 in Österreich, Belgien, Frankreich und in den Niederlanden neue lokale Intraday Auktionen eingeführt. In Österreich, Belgien und in den Niederlanden sind nun 15-Minuten Kontrakte handelbar, in Frankreich 30-Minuten Kontrakte.
Link zu EPEX SPOT mit 15-Minuten Kontrakten
21.10.2020
Ein Bilanzkreisverantwortlicher muss Sorge dafür tragen, dass ein Gleichgewicht zwischen Einspeisung in seinen Bilanzkreis und Verbrauch im Bilanzkreis übereinstimmen. Ein Ungleichgewicht kann z.B. eintreten, wenn ein eingeplantes Kraftwerk ausfällt und der Stromhändler nicht für Ersatz sorgen kann, z.B. indem er die fehlende Leistung intraday einkauft.
Im Juni 2019 wurde an drei Tagen ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen fahrplanmäßiger Einspeisung und Verbrauch in Deutschland festgestellt, weshalb die Bundesnetzagentur eine Untersuchung einleitete. Diese dauerte wegen der Komplexität bis April 2020. In der Pressemitteilungen vom 21.04.2020 und in der Pressemitteilung vom 30.04.2020 gibt die Bundesnetzagentur bekannt, dass bei fünf Bilanzkreisverantwortlichen eine Verletzung der vertraglichen Pflichten aus dem Bilanzkreisvertrag Strom festgestellt wurde.
Das bekannteste dieser Unternehmen, Statkraft, widerspricht in einer Pressemitteilung den Vorwürfen. Das Unternehmen ist nach wie vor fest davon überzeugt, ihren Bilanzkreis zu jeder Zeit gemäß den maßgeblichen deutschen und europäischen regulatorischen Vorgaben bewirtschaftet zu haben. Weiter werden Unwägbarkeiten bei der Prognose regenerativer Energien beschrieben. Das Unternehmen geht in der Pressemitteilung aber nicht genauer darauf ein, wieso das Leistungsdefizit zwischen realer Einspeisung und Erzeugungsprognose nicht, wie üblich, über den Intradayhandel ausgeglichen wurde.
12.06.2020
Die Website www.gridradar.net betreibt
im ENTSO-E Netz mehrere Frequenzmessungen. Damit ist sie in der Lage, den Phasenwinkel zwischen
den Standorten zu messen und auszuwerten.
Die aktuelle Anzeige der Phasenwinkel zwischen europäischen Standorten ist nun hier
zu sehen, sowie direkt bei Wide Area Monitoring von gridradar.net.
Damit gibt es neben dem Wide Area Monitoring von swissgrid nun eine weitere Darstellung des aktuellen Netzzustandes.
27.01.2019
Am Donnerstag den 10.01.2019 um 20:02:07 Uhr UTC hat die Netzfrequenz kurzzeitig den Wert von 49,800 Hz erreicht.
Dies ist bemerkenswert, da bei diesem Wert der Regelbereich der Primärregelleistung zu 100 % ausgereizt ist
und erste automatische Abschaltmaßnahmen zur Vermeidung eines weiteren Frequenzeinbruchs aktiv werden
(siehe Abschaltkriterien).
Update:
Untersuchungsbericht der ÜNBs und ENTSO-E am 28. Mai 2019 veröffentlicht.
Die Analysen der ÜNBs und von ENTSO-E zeigten, dass der Frequenzabfall durch das Zusammenspiel mehrerer Faktoren zustande kam.
Zu der durch den Stundenhandel verursachten 'deterministischen' Frequenzabweichung kam eine fehlerhafte ("eingefrorene") Messung auf vier Leitungen zwischen
Deutschland und Österreich, wodurch anstelle des aktuellen Leistungsdefizits ein veralteter Wert für die Regelleistungserbringung verwendet wurde.
Die ENTSO-E prüft welche Möglichkeiten hinsichtlich der Verringerung der deterministischen Frequenzabweichung zum Stundenwechsel
und zur Erkennung von Messausfällen dieser Art umgesetzt werden können.
Der ausführliche Bericht ist
hier zum herunterladen.
Das erste Bild zeigt den Frequenzverlauf im Zeitrahmen von einer Stunde, das zweite Bild zeigt den Bereich von 10 Minuten um den Vorfall. Um 19:55 Uhr UTC beginnt der durch den Stromhandel bedingte Frequenzabfall zum Stundenwechsel. Um 20:01 Uhr stellt sich eine Stagnation für ca. eine Minute ein. Danach fällt die Frequenz mit ca. 2,5 mHz/Sekunde bis auf 49,800 Hz. Bei 49,8 Hz kehrt sich die Steigung abrupt und die Frequenz steigt wieder.
Beim Erreichen der 49,8 Hz wurden erste Maßnahmen zur Frequenzhaltung getriggert, wodurch vorher festgelegte Lasten abgeworfen wurden.
Dies können z.B. Pumpspeicher im Ladebetrieb oder Industriebetriebe mit abschaltbaren Lasten sein. So berichtet z.B. der französische Netzbetreiber RTE, dass mehr als 1,5 GW
industrielle Lasten automatisch für 20 bis 45 Minuten abgeworfen wurden, was das erste Mal seit Aufbau dieses Instruments sei (siehe
Pressemeldung).
Das dritte Bild zeigt den aktuellen Frequenzeinbruch zusammen mit den weiteren Abwurfgrenzen. Wenn die Frequenz weitere 600 mHz abgesunken wäre, wären
die verbliebenen Speicherpumpen abgeworfen worden, bei 49 Hz wären die ersten 12,5 % der Verbraucher abgeworfen worden, was für diese Gruppen
einen Blackout bedeuten würde. Erst nach weiteren Lastabwürfen von 50 % der Verbraucher würde das Stromnetz bei Unterschreitung von 47,5 Hz abgeschaltet,
was ein kompletter Blackout wäre.
Aus Systemsicht war der Vorfall nicht kritisch, da nur die erste von mehreren Stufen getriggert wurde. Damit wurde das Problem schon im Ansatz automatisch gelöst.
Die Suche nach dem Grund für diesen Vorfall läuft noch. Es gab ein Kraftwerk in Spanien. das in dem Zeitraum einen Ausfall hatte (558 MW, siehe Blog von Herbert Saurugg). Ausfälle in dieser Größenordnung werden normalerweise von der Primärregelleistung (3000 MW) problemlos abgefangen. Nach aktuellem Stand (siehe Pressemeldung ENTO-E vom 16.01.2019) gab es bei TenneT Deutschland an der Grenze zu Österreich zwar Fehlmessungen, diese haben den Frequenzabfall jedoch nicht verursacht.
Die Website Gridradar betreibt ein Wide Area Monitoring System (WAM). Damit wurde festgestellt, dass
die geringste Frequenz (kurrzeitig 49,789 Hz) im Bereich Frankreich/Spanien auftrat. Weitere Ergebnisse liefert die Analyse des Phasenwinkels. Der Vergleich des Phasenwinkels an unterschiedlichen
Orten gibt ein Bild über den aktuellen Lastfluss. Analog einer Kardanwelle eilt der Phasenwinkel in Regionen, welche Leistung in das Netz einspeisen, den Leistung
beziehenden Regionen voraus.
Der Phasenwinkel zeigt, dass in der Region Frankreich/Spanien ca. 15 Minuten vor Ereignis die Leistung deutlich erhöht wurde, und ca. 5 Minuten vor dem Ereignis deutlich
unter den ursprünglichen Wert abfällt. Dies kann sowohl durch den Ausfall eines zum Stundenwechsel hochgefahrenen Kraftwerks entstehen, als auch durch den Stundenhandel.
Die Auswertungen dazu sind unter https://gridradar.net/news.html zu finden.
Der Vorfall hat einerseits gezeigt, dass die Instrumente zum automatischen Lastabwurf funktionieren.
Andererseits stellt sich die Frage,
wieso die Primärregelung diesen langsamen Frequenzabfall nicht aufhalten konnte. Hier sehen wir zwei potenzielle Möglichkeiten:
Sobald neue Meldungen verfügbar sind wird dieser Artikel aktualisiert.
16.01.2019
Mittlerweile hat die Netzzeitabweichung die 0 Sekunden wieder erreicht.
Nach einer ca. 3-wöchigen Stagnationsphase scheint eine Lösung gefunden worden zu sein, welche eine schnelle
Wiederherstellung des Sollzustandes ermöglicht. Die gesamte Zeit der Abweichung wird im Folgenden dargestellt.
Der schweizer Fernsehsender SRF hat in der Sendung ECO ein Interview mit swissgrid zur Netzzeitabweichung geführt, welches die Problematik der vergangenen Wochen schön erklärt.
03.04.2018
Für ein paar Tage schien der Abfall der Netzzeitabweichung aufgehalten. Es ging nur darum, wie lange es dauern würde, bis die fehlende (bzw. von der PRL geborgte) Energie zurück gespeist wird. Bis dahin wäre das normale Pendeln der Netzzeit zu erwarten gewesen, nur um -350 Sekunden von der Nulllinie entfernt. Doch seit dem 08.03.2018 zeigt die Netzzeitabweichung wieder einen sinkenden Trend.
Der Verlauf der Netzzeitabweichung seit Juli 2011 im Beitrag vom 02.03.2018 wurde aktualisiert.
Im historischen Verlauf gab es bereits häfiger mehrere Tage in Folge sinkende Trends. Diesmal ist der Trend auch deutlich langsamer als im Februar, es könnte sich also auch um normale Bewegungen der Netzzeit handeln.
Fü alle Besitzer von Synchronuhren (oft verbaut in Elektroherden, Mikrowellen, Heizungssteuerungen, Radiowecker) bedeutet dies, dass die Uhren noch stärker nach gehen. Es ist noch nicht ersichtlich, wann die Uhren wieder die richtige Uhrzeit anzeigen.
Die Zeitumstellung am 25. März 2018 erfordert eine Umstellung von 2:00 Uhr auf 3:00 Uhr. Es ist leider höchst unwahrscheinlich, dass wir bis dahin von aktuell -375 Sekunden auf +3600 Sekunden kommen, und uns damit das Umstellen der Uhren sparen können. Für viele Nutzer mag es ärgerlich sein zu wissen, dass sie nach der Zeitumstellung zwar wieder richtig laufende Uhren haben, diese aber bei Rückführung der Netzzeit wieder neu stellen müssen.
15.03.2018
Die ENTSO-E hat in einer Pressemitteilung vom 06.03.02018 weitere Details bekannt gegeben. Der Verbundnetzpartner, welcher seit längerem systematische Fahrplanabweichungen hat und zu wenig Regelleistung einspeist ist SMM (Serbien, Montenegro und Mazedonien). Speziell der Bereich Serbien und Kosovo wurden als Verursacher genannt.
Laut ENTSO-E habe sich mittlerweile ein Energiedefizit von 113 GWh angesammelt. Wer für die Kosten der nicht eingespeisten, aber bezogenen Energie aufkommen muss, werde noch geklärt. Kurzfristig haben die Anbieter von Primärregelleistung dies automatisch ausgeglichen, damit die Frequenz gehalten wird.
Die ENTSO-E berichtet, dass dieses Problem auch eine politische Dimension hat, und fordert die Politik auf, umgehend aktiv zu werden.
Die fehlende Leistung scheint dabei nicht allzu hoch zu sein, wie folgende grobe Abschätzungen zeigen:
Die Netzzeitabweichung stagniert seit dem 03. März weiterhin auf -350 Sekunden, wie folgende Abbildung zeigt.
Das bedeutet, dass die systematische Untereinspeisung nicht mehr vorliegt. Ob der verursachende Netzbetreiber seinen Fehler korrigiert hat, oder ob die restlichen Verbundnetzpartner diesen Fehler andersweitig abfangen ist bisher nicht bekannt.
06.03.2018
Die Abweichung der Netzzeit von UTC zeigt, wie viele Schwingungen
durch Frequenzabweichungen gegenüber 50,000 Hz fehlen. Bei einer Frequenz von z.B.
50,050 Hz dauert es 20 Sekunden, bis das Netz eine Schwingung voraus eilt. Nach 1000
Sekunden mit dieser Frequenz ist das Netz 50 Schwingungen voraus eilend, dies entspricht bei 50 Hz einer Sekunde.
Im unserem bisherigen Messbetrieb (Juli 2011 bis 2017) traten Netzzeitabweichungen von ±160 Sekunden auf (Juni 2013). Doch seit
3. Januar 2018 sinkt die Netzzeitabweichung kontinuierlich. Die Änderung des Sollwertes für die
Sekundärregelleistung am 15. Januar von 50,000 Hz auf 50,010 Hz konnte die Netzzeit
noch nicht zurück führen.
Swissgrid spricht von einem Verbundnetzpartner, welcher Probleme mit der Fahrplantreue hat. Das Problem sei bekannt und werde in Zusammenarbeit mit allen Verbundnetzbetreiber gelöst. Allerdings sei keine schnelle Lösung zu erwarten (siehe auch Pressemeldung der ENTSO-E).
Dies bedeutet, dass einer der ENTSO-E Bilanzkreise (zumeist gleich mit den Landesgrenzen) sich nicht an die
von ihm erstellten Fahrpläne des Netzbetriebs hält oder halten kann. Jeder Netzbetreiber erhät von
den Stromhändlern die Daten, was seine Kunden verbrauchen werden, und wo er den Strom eingekauft hat.
Zusätzlich erhält er die Informationen welche Kraftwerke wann wie viel Strom erzeugen (Einspeisefahrplan).
Diese Informationen (Fahrpläne) werden dann übereinander gelegt um zu sehen, wie der Stromfluss sein wird,
und ob die Stromleitungen den Stromfluss tragen können. Gegebenenfalls ist ein
Redispatch notwendig.
Eine schlechte Fahrplantreue kann sich ergeben wenn die eingekaufte bzw. real erzeugte Leistung nicht mit der
real bezogenen Leistung übereinstimmt. Mögliche Gründe können sein:
Bei Unterschieden zwischen den Fahrplänen und dem realen Verbrauch springt die hierzu vorgehaltene Regelleistung ein.
Die Primärregelleistung wird von allen Verbundnetzpartnern erbracht. Für die Sekundärregelleistung und die Minutenreserve
werden die Fahrpläne mit dem realen Stromfluss an den Netzgrenzen verglichen. Damit kann ermittelt werden, wo die
Defizite auftreten. Dieser Netzbetreiber erbringt dann die zum Ausgleich notwendige Sekundärregelleistung und Minutenreserve.
Wenn nun ein Netzbetreiber höhere Defizite in der Einspeisung hat und die Regelleistung auch nicht erbringen kann, dann wird
die Netzfrequenz nicht auf den Sollwert zurück geführt und die Primärregelleistung aller Verbundnetzpartner gleicht die fehlende Leistung aus.
Dadurch bleibt immer ein kleiner Frequenzfehler stehen, welcher sich zu der aktuell hohen Netzzeitabweichung aufsummiert.
Das Stromnetz bricht also nicht zusammen, da die in einem Land fehlende Regelleistung kollektiv von der Primärregelleistung
aller Verbundnetzteilnehmer erbracht wird.
Bei dem Netzbetreiber mit dem Fahrplanproblem summiert sich die zu leistende Regelleistung auf. Wenn er wieder fähig ist
diese zu erbringen, dann speist er mehr Energie in das Netz ein als benötigt wird, was zu einer leichten Überfrequenz
führt, wodurch die Netzzeit wieder auf Null geht.
Am 03.03.2018 wurde gegen 09:39 Uhr der bisher höchste Wert mit -359 Sekunden erreicht, seitdem stagniert die Netzzeitabweichung. Es bleibt abzuwarten, wann die Netzzeit wieder komplett zurück geführt sein wird.
Für die Besitzer von Synchronuhren bedeutet dies, dass sie die Uhren so lange immer wieder nachstellen müssen, bis das Problem behoben ist.
Hier zeigt einerseits den Vorteil des Verbundnetzes, dass bei Problemen in einem Land Hilfe von anderen Ländern möglich ist. Andererseits zeigt es auch, dass Abweichungen oder Rosinenpicken bei einem Partner das gesamte Netz beeinflussen können.
Die aktuelle Netzzeit ist bei swissgrid abrufbar.
02.03.2018
Auf der 10. Internationale Energiewirtschaftstagung in Wien (IEWT 2017) wurde ein Vortrag zur Stabilität des Verbundnetzes gehalten. Basis waren die Messwerte der Netzfrequenz von Juli 2011 bis Dezember 2016.
Hierzu wurden die kurz- mittel und langfristige Frequenzhaltung betrachtet. Es hat sich gezeigt, dass die Stabilität in den letzten Jahren etwas besser wurde, unter anderem durch die Einführung von Viertelstundenprodukten an der Strombörse.
→ Download des Vortrags
→ Langfassung des Papers
09.03.2017
Seit Beginn des Intraday Handels am EEX Spotmarkt zeigte dieser ein stetiges Wachstum mit deutlichen saisonalen Unterschieden. Folgende Abbildung zeigt das monatliche Volumen des gesamten Intraday Handels (schwarze Linie) sowie der Viertelstundenprodukte.
Bis Januar 2016 ist ein kontinuierliches Wachstum des Intraday Handels zu sehen, was auch aus der fortwährenden Aufnahme neuer Länder in den Handel resultierte. Seit Anfang 2016 zeigt der Intraday Handel eine Stagnation - dies kann als Zeichen gewertet werden, dass die meisten Märkte nun ausreichend abgedeckt sind.
Quelle der Daten: www.epexspot.com/de/presse/press-archive
Der Viertelstundenhandel zeigt seit dem Start in Deutschland im Dezember 2011 auch ein fortwährendes Wachstum. Mit dem Handel von 15-Minuten Produkten in der Schweiz ab Juni 2013 (erst ab Mai 2015 getrennte Ausweisung vom deutschen Markt für 15-Minuten Produkte) und in Österreich ab Oktober 2015 konnten weitere Märkte erschlossen werden. Die österreichische Strombörse EXAA veröffentlicht keine Zahlen zum Viertelstundenhandel, entsprechend bilden die Daten der EEX nicht den gesamten Markt für 15-Minuten Produkte ab.
Die intraday gehandelten 15-Minuten Kontrakte zeigten bis zur Einführung der am Vortag um 15 Uhr gehandelten 15-Minuten Auktion ein Wachstum. Danach spaltet sich der im Gesamten weiterhin wachsende Markt auf. Die intraday gehandelten 15-Minuten Kontrakte pendeln sich bei ca. 300 GWh/Monat ein, während die am Vortag gehandelten 15-Minuten Auktion ein stetiges Wachstum zeigt. Für viele Händler hat die Auktion den Vorteil, dass keine extra Intraday Handelslizenz benötigt wird. So kann am Vortag nach Abschluss des Handels mit Stundenprodukten gleich mit dem Feintuning mit Viertelstundenprodukten begonnen werden. Besonders für Strom aus PV-Anlagen ist dies interessant, da die Erzeugung am Vortag gut eingeschätzt werden kann, und stetige langsame Leistungsänderungen zeigt, die sich allein mit Stundenprodukten nicht ausreichend abbilden lassen.
27.09.2016
Um 21:29 Uhr Ortszeit (19:29 UTC) gab es einen kurzfristigen Frequenzeinbruch im Stromnetz. Innerhalb von 9 Sekunden fiel die Netzfrequenz um 98 mHz. Dabei traten ungewöhnlich hohe Gradienten von 32 mHz/Sekunde auf. Der gesamte Vorgang dauerte bis zur Wiederherstellung der ursprünglichen Frequenz ca. 34 Sekunden.
Bei Betrachtung eines längeren Zeitraums in folgendem Bild ist der Frequenzeinbruch wegen der kurzen Dauer kaum zu erkennen. Erst in dem nächsten Bild mit höherer zeitlicher Auflösung tritt er deutlich hervor.
Die erste Analyse des Frequenzgangs zeigt, dass die ausgefallene Erzeugerleistung größer als 1 GW gewesen sein muss. Nach dem größten Frequenzabfall gibt es eine kurze Erholung. Die Frequenz steigt wieder, was neben einer Wiedereinschaltung auf die bereits aktivierte Primärregelleistung schließen läßt. Dann wird die Erzeugereinheit wieder vom Netz genommen, die Frequenz sinkt wieder. Diesmal ist der Gradient geringer, da schon ein Teil der Primärregelleistung aktiviert ist. Schließlich wird die Erzeugungseinheit wieder ans Netz angeschlossen, die Frequenz steigt. Bei der zweiten Wiedereinschaltung steigt die Frequenz stärker als bei der ersten, da mittlerweile mehr Primärregelleistung aktiviert ist. Dies führt dazu, dass zu viel Leistung im Netz ist, und die Frequenz ansteigt. Mit steigender Frequenz wird die Primärregelleisung zurück gefahren, allerdings nicht schnell genug um ein geringes Überschwingen zu vermeiden.
Zeitlicher Ablauf:
19:29:20 Ausfall einer Kraftwerkseinheit (> 1 GW) und Beginn des Frequenzabfalls 19:29:23 Frequenzabfall stagniert bei -80 mHz, steigt wieder, wahrscheinlich durch automatische Wiedereinschaltung 19:29:25 Frequenz stagniert nach Anstieg um 7mHz und fällt wieder ab (wieder Netztrennung) 19:29:28 Minimum der Frequenz bei -98 mHz, danach Anstieg der Frequenz durch Wiedereinschaltung 19:29:31 Kurze Stagnation, wahrscheinlich durch sehr kurze Netztrennung mit Wiedereinschaltung 19:29:38 Frequenz erreicht wieder ursprünglichen Wert und steigt weiter 19:29:53 Frequenz erreicht nach einem Überschwinger auf +13 mHz wieder den ursprünglichen Wert und bleibt stabil
Dieser Ausfall zeigt deutlich die Funktion der Primärregelleistung sowie deren zeitliche Komponente der Aktivierungszeit. Er zeigt aber auch die Empfinglichkeit des Stromnetzes beim Ausfall großer Erzeugungseinheiten. In diesem Fall hat der Ausfall einer Einheit ca. 50 % des Regelbereichs der PRL beansprucht. Bis zum Abwurf von Verbrauchern hätte der Frequenzabfall ca. 9 mal so groß sein müssen.
04.05.2016
Ortsnetztransformatoren (Mittelspannung auf Niederspannung) werden regelmäßig gewartet, ab und an fällt auch eine Reinigung des Traforaums von z.B. Spinnweben, Insekten, Laub und Staub an. Aus Sicherheitsgründen wird der Trafo hierzu abgeschaltet, die angeschlossenen Kunden werden mit einem Notstromaggregat versorgt.
Die einfachste Vorgehensweise wäre, den Trafo abzuschalten, den Stromerzeuger am Abgang zum Ortsnetz anzuklemmen, und einschalten. Zum Ende der Wartungsarbeiten würde das Prozedere umgekehrt durchlaufen, somit hätten die Kunden zweimal Stromausfall im zeitlichen Rahmen von jeweils 5 Minuten bis 45 Minuten.
Im Netz von Bayernwerk (ehemals Tennet) konnte mit einem Messgerät der Netzfrequenzmessung eine Wartung des Ortsnetztransformators ohne Unterbrechung der Spannungsversorgung beobachtet werden. Einige Tage vor der Wartung erhielten die Haushalte mit PV-Anlagen ein Schreiben mit der Bitte, die PV-Anlage an diesem Tag abzuschalten.
Die Ersatzstromversorgung wurde ab ca. 7:30 Uhr installiert und gestartet. Augenscheinlich wurde die Leistung des Aggregats so weit erhöht, dass über den Trafo kaum mehr Strom floss. Um 7:51 Uhr fand die Abschaltung des Trafos mit Netztrennung statt. Innerhalb von 3 Sekunden regelt das Notstromaggregat die Frequenz auf 52 Hz, nach 10 Sekunden wird die Frequenz auf 50,8 geregelt, nach weiteren ca. 30 Sekunden regelt das Aggregat auf 51,16 Hz. Diese Frequenz wird ca. 5 Stunden bis zur Wiederverbindung mit dem Netz gehalten. Die erste Abbildung zeigt die Umschaltung von Netz- auf Ersatzstrombetrieb.
Die Frequenz wird während der gesamten Zeit der Ersatzstromversorgung deutlich über 50,2 Hz gehalten, damit keine Einspeiser wie BHKWs oder PV-Anlagen den Generatorbetrieb stören. Dies könnte auch problematisch werden, wenn mehr PV-Strom in das Inselnetz eingespeist wird, als die Verbraucher aufnehmen. Die überschüssige Energie würde den Generator antreiben bzw. beschleunigen, bis dieser wegen Überfrequenz vom Netz geht.
In längerfristig als Inselnetz betriebenen Netzen wäre für eine ausgeglichene Leistungsbilanz entweder als zentrale Lösung eine Kommunikation zwischen Generator und Einspeiser notwendig, oder als dezentrale Lösung eine spezielle Konfiguration der PV-Anlagen, damit diese bei steigender Frequenz immer mehr Leistung zurück nehmen. In Verbindung mit einem Batteriespeicher, welcher auch zentral geregelt oder dezentral über die Frequenz gesteuert wird, liessen sich weitere Optimierungen vornehmen. Das zweite Bild zeigt den Frequenzverlauf des gesamten Vorgangs.
Deutlich sind die gegenüber dem Verbundnetz stärkeren Frequenzschwankungen des temporären Inselnetzes zu erkennen. Die Frequenzgradienten erreichen bis zu 350 mHz Frequenzänderung pro Sekunde, ca. das 20-fache der im Verbundnetz vorkommenden Frequenzgradienten. Die sichtbaren Schwingungen sind typisch für das Regelverhalten von Generator beim Lastwechsel, ein Verbund mehrerer Generatoren benötigt daher eine übergeordnete Steuerung.
Mit einem Batteriespeicher könnten diese Schwankungen deutlich reduziert werden, wenn dessen Frequenzumrichter eine schnelle Nachregelung der Leistung auf Basis der Frequenz hat.
Die letzte Darstellung zeigt die Wiederverbindung mit dem Netz innerhalb von 10 Sekunden. Die Reduktion der Frequenz von ca. 50,16 auf die Netzfrequenz (49,98 Hz) erfolgt in drei Sekunden, der Einschwingvorgang bis zur Synchronisierung dauert ca. sieben Sekunden. Danach ist das Ortsnetz wieder mit dem Verbundnetz gekoppelt.
Die Kunden haben bei diesem Vorgang den Vorteil einer unterbrechungsfreien Stromversorgung. Nur alte Uhren, welche das Stromnetz als Referenzzeitquelle nutzen, haben durch die erhöhte Frequenz eine um 7 Minuten 15 Sekunden vorauseilende Uhrzeit. Die Netzzeit des Verbundnetzes hat sich in dem Zeitraum um ca. 1,5 Sekunden geändert.
04.02.2016
Der Sollwert der Netzfrequenz kann um ±10 mHz geändert werden, um die Netzzeit konstant zu halten. Dies ist jedoch nur für die Sekungärregelleistung als Integralregler ein Sollwert, die Primärregelleistung als Proportionalregler arbeitet unverändert mit ihrem Totband um ±10 mHz weiter.
Die nachfolgende Darstellung zeigt die Netzzeitabweichung und den Sollwert der Netzfrequenz über mehrere Wochen. Es zeigt sich, dass der Sollwert immer mitternachts geändert wird.
In dem Zeitraum vom 12.02.2015 bis zu 04.04.2015 gab es nur negative Netzzeitabweichungen, entsprechend variierte der Sollwert der Netzfrequenz immer nur zwischen 50,000 Hz und 50,010 Hz. Es scheint mehr bzw. längere negative Abweichungen vom Fahrplan (z.B. Kraftwerksausfall) als positive Abweichungen (z.B. Ausfall von Verbrauchern) zu geben.
05.04.2015
Die partielle Sonnenfinsternis vom 20.03.2015 wurde von dem Verbundnetz ohne Auffälligkeiten aufgenommen. Die Lastgradienten lagen im oberen Bereich der Berechnungen, da nur wenige Wolken die PV-Leistung verringerten (siehe auch Wikipedia Einfluss auf die Solarstromerzeugung und Netzlastregelung).
Die Übertragungsnetzbetreiber erstellen für den Vortag eine Prognose der erneuerbaren
Energien (Wind, PV, Wasserkraft, ...) und vermarkten die prognostizierte Energie an der Strombörse EEX.
Werden im Laufe des Tages Prognosefehler festgestellt, dann werden diese an Intraday-Märkten ausgeglichen.
Dadurch werden planbare bzw. vorauszusehende Ereignisse wie z.B. die Sonnenfinsternis nicht von der Regelleistung abgefangen,
sondern nur durch eine Änderung des Erzeugungsparks. Dies ist auch der Grund dafür, dass
die Netzfrequenz an dem Tag keine Auffälligkeiten zeigt (Bild zum vergrößern anklicken).
Somit hat die Sonnenfinsternis hautpsächlich Auswirkungen auf die Strompreise, da die Kraftwerke, welche die fehlende PV-Leistung ersetzen, nur für wenige Stunden laufen müssen, und die Startkosten entsprechend einpreisen. Hier zeigte sich der Vorteil des erst kürzlich eingeführten Viertelstundenhandels am Vortrag. Gegenüber einem Stundenhandel konnten die Gradienten hier deutlich besser bzw. mit kleineren Sprüngen abgebildet werden. Wegen der unerwartet hohen Mengen wurde eine zweite Handelsrunde einberufen, in der dann die für den 20. März notwendigen Viertelstundenprodukte gekauft werden konnten.
Die Sekundenwerte vom 19.03.2015 bis zum 20.03.2015 stehen für eigene Untersuchungen hier zum download bereit.
29.03.2015
Bis vor ein paar Jahren war eine Sonnenfinsternis eher bedeutungslos für die Energiewirtschaft. Lediglich das kurzfristige Einschalten zusätzlicher Beleuchtung musste beachtet werden. Heute liefert die Photovoltaik an sonnigen Tagen einen bedeutenden Teil der Leistung (über 19 GW), wodurch selbst die partielle Sonnenfinsternis am 20. März 2015 bedacht werden muss.
Eine gute Zusammenfassung des Themas ist im Artikel "Sonnenfinsternis - Härtetest für die Stromversorgung" der Süddeutschen Zeitung zu finden, für den ich einen Interviewbeitrag lieferte.
Detailliertere Informationen sind in der Studie "Einfluss der Sonnenfinsternis im März 2015 auf die Solarstromerzeugung in Deutschland" der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (htw) dargestellt. Es wurde berechnet, dass der Bedeckungsgrad durch den Mond im Norden Deutschlands bis zu 80 % erreicht, im Süden bis zu 68 %, entsprechend sinkt an einem wolkenlosen Tag auch die PV-Erzeugung. Dabei können kurzfristig Gradienten von ca. 350 MW/min auftreten. Ist der Tag jedoch bewölkt, dann sind weitaus geringere Auswirkungen sind zu erwarten.
Die Sonnenfinsternis ist sicher ein außergewöhnliches Ereignis für die Energiewirtschaft, sie zeigt die heutige Bedeutung der Photovoltaik. Durch die detaillierte Beschäftigung mit dem Thema wissen die Netzbetreiber um die Auswirkungen, und können dem entgegenwirken (z.B. durch mehr Regelleistungsbeschaffung).
19.02.2015
Will man die von den vier deutschen ÜNBs vorgestellten Freiheitsgrade bei der Erbringung der Primärregelleistung nutzen (Quelle), dann ist eine Genauigkeit von ±1 mHz ein Vorteil gegenüber den bisher notwendigen ±10 mHz, da der Unterschied zwischen erlaubter Messungenauigkeit und der Messungenauigkeit des Gerätes z.B. bei Batteriespeichern für ein Lademanagement genutzt werden kann.
Daher wurden die Messgeräte für die Netzfrequenzmessung von den anfänglichen Prototypen für wissenschaftliche Auswertungen zu einem Produkt weiterentwickelt. Die Messgeräte sind in einer einfachen Version und in einer Version mit Zeitsynchronisation über GPS erhältlich. Die Genauigkeit ist besser als ±1 mHz, die Auflösung beträgt 0,1 mHz.19.01.2015
Die ENTSO-E Mitgliedsländer sollen bis Ende 2015 einen Plan zum Retrofit der regenerativen Energieerzeuger aufstellen, um das tolerierte Frequenzband bei regenerativen Energieerzeugern wie Wind- und PV-Anlagen auf 47,5 Hz bis 51,5 Hz zu erweitern.
Die ENTSO-E hat im November 2014 ein Positionspapier veröffentlicht (DISPERSED GENERATION IMPACT ON CONTINENTAL EUROPE REGION SECURITY). Darin wird beschrieben, dass beim Aufkommen der ersten regenerativen Erzeuger bezüglich der Netzfrequenz enge Abschaltkriterien gesetzt wurden, um bei Störungen im Netzbetrieb möglichst schnell definierte Verhältnisse zu erhalten. Der folgende starke Ausbau der regenerativen Stromerzeugung führt nun dazu, dass die Grenzen deutlich erweitert werden sollen - auf 47,5 Hz bis 51,5 Hz.
Eine Umfrage bei Stromerzeugern ergab, dass heute bei Überschreiben von 50,5 Hz und bei Unterschreiten von 49,5 Hz über 30 GW regenerative Erzeugerleistung schlagartig wegfallen können. Wenn nun in einem Fehlerfall wie dem Verlust der Stromerzeugung von 3 GW oder der Abschaltung einer 2 GW Exportleitung die resultierende zu Frequenzabweichungen über diese Werte hinaus führt, dann wird der bestehende Fehler durch das Abschalten der regenerativen Erzeuger um ein Vielfaches verstärkt, die Wahrscheinlichkeit für Lastabwürfe nimmt zu. Zur Vermeidung der Problematik soll bis Ende 2015 von den Ländern mit viel regenerativer Einspeisung ein Retrofit Programm entworfen werden, um die Frequenzgrenzen zu erweitern. Dies wird als deutlich günstiger als ein Blackout angenommen, und auch günstiger als die Erhöhung der bereitgestellten Regelleistung.
In Deutschland wurde in den letzten Jahren bei vielen PV-Anlagen bereits eine Anpassung zur Entschärfung eines ähnlichen Szenarios, der 50,2 Hz Problematik, vorgenommen.
19.01.2015
Am 09.12.2014 startete die EEX Spot mit dem Handel von Viertelstundenprodukten am Vortag. Der Handel startet nach Abschluss des day ahead Handels um 15 Uhr, weshalb er trotz Handelsmöglichkeit am Vortag als Intraday Handel bezeichnet wird. Bisher konnten Viertelstundenprodukte nur zwei Stunden bis 45 Minunten vor Leistungserbringung gehandelt werden.
Die EEX folgt mit diesem Schritt der österreichischen Strombörse EXAA. Es ist zu erwarten, dass durch diesen Schritt, der hauptsächlich der Vermarktung regenerativer Energien dient, auch der Regelleistungsbedarf zum Stundenwechsel sinkt, da nun kleinere Zeiteinheiten als Stundenwerte auch schon am Vortag handelbar sind. → Pressemeldung
13.01.2015
Der Ende 2011 gestartete Handel mit Fünfzehn-Minuten-Kontrakten hat im Juni, Juni und August 2014 jeweils neue Rekordmarken erreicht. Danach ist in der Aktualisierung der Darstellung wie in den Vorjahren der winterliche Rückgang zu beobachten. Weitere Infos im Beitrag vom Juli 2014.
Quelle der Daten: www.epexspot.com/de/presse/press-archive
03.07.2014
An der Strombörse EXAA (Energy Exchange Austria) wurde am 3. September 2014 der Handel mit Viertelstundenprodukten im Spotmarkt eingeführt. Hierzu wurde kein eigenes Produkt generiert, sonder das bisherige Stundeprodukt wurde zum Blockprodukt auf vier Viertelstundenprodukte aufgeweitet. Damit ist wie bisher der Stundenhandel möglich, die Stundenwerte werden im System wie ein Band aus vier Viertelstunden behandelt. Bisherige Handelssysteme können weiter genutzt werden, mit Schnittstellenanpassung können die 15-Minuten Produkte gehandelt werden. → Pressemeldung
23.09.2014
Am 16.09.2014 ging deutschlands erstes Batteriekraftwerk zur Erbringung von Primärregelleistung an das Netz. Der 5 MW Lithium-Ionen Speicher wurde von Younicos für den Schweriner Ökostromanbieter WEMAG aufgebaut. Motivation ist die Bereitstellung von Regelleistung ohne gleichzeitig ein konventionelles Kraftwerk in Betrieb halten zu müssen.
Bei einem weiteren Ausbau der regenerativen Energien sinkt der Anteil der konventionellen Kraftwerke, welche kontinuierlich laufen, und damit sinkt auch die von diesen Kraftwerken erbringbare Primärregelleistung. Um die schnellen positiven und negativen Leistungsgradienten der Primärregellung erfüllen zu können, können konventionelle Kraftwerke nur ca. 10 % ihrer Leistung als PRL vermarkten. Ein Batteriespeicher kann hingegen seine gesamte Leistung nutzen,da die Umrichter keine thermische oder mechanische Trägheit haben.Vereinfacht ausgedrückt kann ein 5 MW Batteriespeicher damit genauso viel PRL anbieten wie ein konventionelles 50 MW Kraftwerk. Damit stellen Batteriespeicherkraftwerke eine elegante Möglichkeit dar, um auch in Zeiten hoher regenerativer Einspeisung genug Regelleistung bereitstellen zu können.
Mehr in der Pressemitteilung von Younicos und in der Pressemitteilung von WEMAG.
17.09.2014
Die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ) betreiben seit über zwei Jahren einen 1-MW-Batteriespeicher. Nach dieser Testphase haben sie das Präqualifikationsverfahren von Swissgrid durchlaufen und wurden ohne Ausnahmen für Primärregelleistung präqualifiziert (Pressemeldung).
Der Speicher hat eine Kapaziät von 500 kWh und kann für 15 Minuten eine Leistung von 250 kW bereitstellen. Damit soll er der Speicher mit dem geringsten Verhältnis zwischen Kapazität und Leistung sein. Dies wird durch eine speziell für diese Anwendung aufgebaute Regelung ermöglicht.
Weitere Informationen zum Batteriespeicher der EKZ.04.07.2014
Der Ende 2011 gestartete Handel mit Fünfzehn-Minuten-Kontrakten hat im Juni 2014 eine weitere Rekordmarke erreicht. Gegenüber Juni 2013 entspricht dies einer Steigerung um ca. 70 %. Neben dem Ausgleich des bisher überwiegenden Stundenhandels und den damit verbundenen Problemen zum Stundenwechsel ist ein weiterer Treiber die Vermarktung von PV-Strom, da hier fortwährend Leistungsgradienten entsprechend der Änderung der solaren Einstrahlung auftreten.
Die Abbildung zeigt das Handelsvolumen mit 15-Minuten Kontrakten als rote Balken, der Anteil der 15-Minuten Produkte am gesamten Intraday-Markt ist als blaue Linie dargestellt. Dabei zeigt sich auch, dass dass der Anteil der 15-Minuten Produkte am Intraday-Markt hauptsächlich von kurzfristigen Produkten, und weniger von den Studenprodukten abhängig ist.
Quelle der Daten: www.epexspot.com/de/presse/press-archive
03.07.2014
Die Versorgungssicherheit wird im Rahmen der Energiewende und der damit verbundenen Änderung der Kraftwerksstruktur vermehrt diskutiert. Ein Indikator für die Versorgungssicherheit ist die Stabilität der Netzfrequenz. Hohe und lang andauernde Abweichungen wären ein Zeichen dafür, dass das System an seinen Grenzen betrieben wird.
Die folgende Abbildung zeigt in wöchentlicher Auflösung, wie viele Minuten die Netzfrequenz 75 mHz bzw. 100 mHz positive oder negative Abweichung von 50 Hz hatte (Juli 2011 bis Juni 2014). Positive Minutenwerte zeigen die Summe der in der jeweiligen Woche aufgetretenen Überfrequenzen, negative Minutenwerte die Summe der Zeiträume, in denen die Frequenz unter dem Sollwert lag.
In mehreren Wochen lag an ca. 80 Minuten eine Abweichung von über 75 mHz vor. Bezogen auf den Zeitraum einer Woche sind dies ca. 0,8 %. Die Kältewelle in Europa im Februar 2012 ist deutlich durch die großen Abweichungen erkennbar. Die höchsten Abweichungen ergeben sich eher in den Wintermonaten, wobei der Winter 2013/2014 als scheinbar positives Beispiel deutlich besser liegt. Es ist unklar, ob das Fehlen der hohen Abweichungen in dem sehr milden Winter begründet liegt, oder ob es eine tatsächliche Verbesserung gibt.
Ein Grund für eine Verbesserung könnte der zunehmende Viertelstundenhandel sein, wodurch die Frequenzabweichungen zum Stundenwechsel geringer werden. Eine weitere Möglichkeit könnte auch der Anstieg der Direktvermarktung von Windstrom sein, bzw. eine damit einhergehende Verbesserung der Prognosen der Windeinspeisung.
Auch wenn eine Verbesserung bisher erst augenscheinlich, aber noch nicht direkt nachweisbar ist, ist auf jeden Fall keine Verschlechterung zu erkennen. Somit kann angenommen werden, dass die verschiedenen Maßnahmen zur Sicherung der Versorgungsqualität trotz rämlicher Erweiterung des Verbundnetzes, steigender elektronisch geregelter Lasten und höherem Anteil regenerativer Energieerzeugung, ihre Wirkung entfalten.
20.06.2014
Das Rasterdiagramm der Netzfrequenzabweichung zeigt, wann die Netzfrequenz systematisch von den 50,0 Hz abweicht. Dabei zeigt sich deutlich, dass der Sonnenuntergang in der Winterzeit zu Abweichungen der Netzfrequenz führt. Dies kann daran liegen, dass der zusätzliche Beleuchtungsbedarf noch in den abendlichen Verbrauch fällt, womit eine Abendspitze im Stromverbrauch generiert wird. Nach der Zeitumstellung verschwindet diese Abendspitze.
Zudem zeigt sich auch das Problem des Stundenhandels unvermindert. Interessant ist auch, dass tagsüber deutlich weniger Frequenzabweichungen zu sehen sind als abends. Daraus kann man schießen, dass die tägliche PV-Einspeisung keine Probleme im Netz generiert.
09.05.2014
Synchronuhren nutzen dies, um langfristig die korrekte Uhrzeit anzuzeigen. Dies Uhren können zeitweise ein wenig vor- oder nachgehen, doch sobald die Netzzeit wieder korrigiert wurde, gehen die Uhren wieder richtig. In dem oben angegebenen Link auf swissgrid wird die aktuelle Netzzeitabweichung dargestellt.
Die folgenden Abbildungen zeigen die Netzzeitabweichungen für die Jahre 2012 und 2013. Man sieht schön das Pendeln um 0s Netzzeitabweichung. Trotz Abweichungen von bis zu -160 s im Juni 2013 kommt die Netzzeit in beiden Jahren zum Jahresende wieder auf einen Fehler von 0 Sekunden zurück.
Bei der Betrachtung einzelner Moante fällt auf, dass es immer scheinbar eine Schwingung mit ca. 7 Tagen Periode gibt. Hier zeigt sich wahrscheinlich die Korrekur der Netzzeit (siehe Auswertung zur Synchronous Time correction der swissgrid).
02.05.2014
Nachdem Albanien seit 1986 synchron mit dem Verbundnetz ist, wurde jetzt der Beschluss gefasst, auch Mitglied der ENTSO-E zu werden (Pressemeldung).
Die Türkei ist seit dem Jahr 2010 synchron, hier lief der Prozess etwas schneller ab. Mit der Türkei nimmt die West-Ost Ausdehnung des ENTSO-E Netzes um ca. 1.500 km auf ca. 4.700 km zu. In der Testphase der letzten Jahre hat dies aber zu keinen Problemen mit vermehrten Spannungspendelungen geführt.
06.05.2014
Eine Eigenvermarktung von PV- oder Windstrom am Spotmarkt ergibt bei starken Leistungsgradienten innerhalb einer Stunde das Problem, dass diese Gradienten mit den konstanten Stundenleistungen im Stundenhandel nicht abgebildet werden können. Für eine ausgeglichene Bilanz bei hohen Gradienten gibt es zur Zeit nur die Viertelstundenprodukte im Intradayhandel. Hierzu ist an der Strombörse eine weitere Handelsberechtigung erforderlich, welche für Händlern mit kleinen Mengen teurer als der Regelleistungsbezug zum Bilanzausgleich sein kann.
In der aktuellen Sitzung des EPEX SPOT-Börsenrates stimmte dieser zu, zukünftig 15-Minutenprodukte zu handeln. Damit solle Händlern, die nicht intraday handeln, der Zugang zu Viertelstundenkontrakten schon am Nachmittag des Vortages ermöglicht werden. Die EPEX SPOT will nun eine Studie durchführen um zu prüfen, ob ein Markt vorhanden ist, und wie ein Handel ausgestaltet sein sollte.
Es wird spannend zu sehen, ob die EEX Spot oder die EXAA schneller bei der Einführung von day ahead 15-Minuten Kontrakten sein wird.
Nachtrag:
Es wird eine Nachmittagsauktion
für 15-Minuten-Kontrakte im deutschen Marktgebiet geben. Die Auktion soll täglich ab 15 Uhr
im Anschluss an den Day-Ahead Markt öffnen.
14.04.2014 und 20.06.2014
Die Energie&Management online meldet in einem Interview, dass die österreichische Strombörse EXAA ab Sommer 2014 den Handel mit Viertelstundenprodukten schon am Vortag erlauben will, um den Handel zu vereinfachen. Zur Zeit geht dies erst zwei Stunden vorher.
25.02.2014
Die bisherige Bereitstellung von Regelenergie mit konventionellen Kraftwerken und Wasserkraftwerken ist hauptsächlich historisch bedingt. Mit einem steigenden Anteil regenerativer Energieerzeuger kann auch ein Teil der Verantwortung für einen sicheren Netzbetrieb auf die regenerativen Energieerzeuger abgegeben werden.
Das Fraunhofer IWES hat mit dem Kombikraftwerk 2 demonstriert, dass eine zuverlässige Energieversorgung mit rein erneuerbaren Energiequellen möglich ist (Artikel bei BINE Informationsdienst). Hierzu wurden auch die Regenerativen in die Regelleistungsbereitstellung miteinbezogen.
Die Marktgestaltung der Bereitstellung von Regelenergie ist für die meisten regenerativen Energieerzeuger heute noch ungeeignet, doch es ist mit einer Vereinfachung des Markteintritts zu rechnen. Wenn immer die gerade laufenden Energieerzeuger auch Regelenergie bereit stellen, dann stellt auch die fluktuierende Einspeisecharakteristik regenerativer Erzeuger kein großes Problem dar.
08.11.2013
Der Handel mit Stundenprodukten führt immer zum Stundenwechsel zu Frequenzabweichungen. Diese sind bei großen Unterschieden zwischen den einzelnen Stunden besonders ausgeprägt (morgens und abends bei hohen Lastgradienten). Der Ende 2011 gestartete Handel mit Fünfzehn-Minuten-Kontrakten sollte das Problem entschärfen, da Stromhändler damit den Lastgang ihrer Kunden zeitlich feiner aufgelöst, und damit zum Stundenwechsel mit geringeren Sprüngen einkaufen können. Im Jahr 2013 ist das Handelsvolumen dieser Produkte wieder stark gestiegen.
Das Bild zeigt das monatliche Handelsvolumen mit 15-Minuten Kontrakten für den Handelsbereich
Österreich mit Deutschland als Balken, mit dem Rekordergebnis von 307 GWh im Monat Juli.
Der Anteil der 15-Minuten Kontrakte am gesamten Intraday-Markt ist als Linie dargestellt.
Auffallend ist die starke Korrelation zwischen dem Handelsvolumen und dessen Anteil am Intraday-Markt. Es scheint, als ob das Handelsvolumen der Viertelstundenkontrakte kaum eine Abhängigkeit zum Handelsvolumen Intraday mit Stundenkontrakten hat.
Das Rekordergebnis kann mit dem Start des Schweizer Intraday-Marktes im Juni 2013 zusammenhängen, da ab dem Zeitpunkt auch 15-Minuten Kontrakte auch zwischen den Ländern handelbar sind.
07.11.2013
Um die Frage "wie stabil ist die Netzfrequenz" zu klären wurden die Messdaten der letzen 13 Monate analysiert (Juli 2011 bis Juli 2012). Die größten Schwankungen traten regelmäßig zum Stundenwechsel auf, was durch den Einsatz von Stundenprodukten verursacht wird. Die Grenzen des im normalen Betrieb erlaubten Frequenzbereichs von 49,8 Hz bis 50,2 Hz wurden in diesem Zeitraum nie erreicht oder überschritten:
* Maximale Netzfrequenz: 50,164 Hz am Dienstag den 13.12.2011 um 23:52:54 Uhr * Minimale Netzfrequenz: 49,849 Hz am Dienstag den 17.01.2012 um 23:02:08 Uhr
Die folgende Abbildung zeigt den Frequenzverlauf (Sekundenmittelwerte) jeweils mehrere Stunden vor- und nachher.
Sowohl der höchste als auch der niedrigste Messwert traten in der späten Nacht auf. Um dies genauer betrachten zu können, wurden die Messwerte (Minutenmittelwerte) in einem Streudiagramm auf die Uhrzeit aufgetragen. Dabei zeigt sich, dass Frequenzen unterhalb von 49,90 Hz nur in den Nachtstunden auftreten. In den Zeiten zwischen den Stundenwechseln ist ein Band der Frequenzabweichung von ca. ±60 mHz zu sehen, welches durch Prognosefehler sowie unerwartete Änderungen in der Einspeisung oder der Last entsteht. Zum Stundenwechsel sind deutlich höhere Abweichungen zu bemerken.
Das Rasterdiagramm (Erklärung siehe Eintrag "Rasterdiagramm der Frequenzabweichungen" vom 10.02.2012) für diesen Zeitraum zeigt dieselben Zusammenhänge. Zusätzlich ist in den Monaten August bis April abends zwischen 18 und 21 Uhr sowie morgens eine Veränderung in den Lastschwankungen zum Stundenwechsel zu erkennen. Dies entsteht durch die im Winter auftretende Abendspitze in der Verbraucherlast (Beleuchtung), welche sich mit der Dämmerung verschiebt.
06.09.2012
Die Bundesregierung verabschiedete am 18. Juli 2012 die Systemstabilitätsverordnung (SysStabV, auch Verordnung zum Erlass der Systemstabilitätsverordnung und zur Änderung der Anreizregulierungsverordnung).
Darin ist für PV-Anlagen mit einer maximalen Leistung von über 10 kW geregelt, dass sie die vom BdEW vorgegebenen Kennline "Frequenzabhängige Wirkleistungsreduktion“ einhalten müssen, oder falls dies nicht möglich ist, die obere Abschaltfrequenz auf einen Wert zwischen 50,3 Hz und 51 Hz einstellen müssen. Die untere Abschaltfrequenz ist auf 47,5 Hz zu setzen. Anlagen mit einer maximalen Leistung von unter 10 kW sind von der Nachrüstpflicht befreit.
Die Übertragungsnetzbetreiber müssen bis KW37 die Daten über die betroffenen Anlagen erheben und den Verteilnetzbetreibern zur Verfügung zu stellen. Andere Interessierte können die Daten z.B. aus der EEG-Datenbank der Forschungsstelle für Energiewirtschaft erhalten. Betroffene Wechselrichter mit über 100 kW maximaler Leistung müssen bis 31. August 2013 umstellen, über 30 kW bis 31. Mai 2014. Anlagen über 10 kW haben bis 31. Dezember 2014 Zeit.
Die Anlagenbetreiber haben die Pflicht, den Verteilnetzbetreibern Daten zu ihren Umrichtern zur Verfügung zu stellen, und die Nachrüstung durch eine vom Verteilnetzbetreiber beauftragte Person durchführen zu lassen. Gezahlt wird die Umstellung von den Übertragungsnetzbetreibern; diese dürfen 50 % davon über die Netzentgelte abzurechnen.
20.07.2011
Der BINE Informationsdienst berichtet in dem Artikel Windstrom soll Netze stabilisieren von einem Forschungsprojekt zur Bereitstellung von Regelleistung durch Windkraftanlagen. Das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) will mit den Partnern ENERCON, Energiequelle, TenneT und Amprion ein neues Nachweisverfahren fü die Präqualifikation von regenerativen Energieerzeugern entwickeln, und Regelungsalgorithmen entwerfen um mehrere Windparks zur Bereitstellung von Regelleistung zu koppeln.
24.05.2012
Prognosefehler entstehen durch unerwartetes Verbraucherverhalten, Netzabschaltungen sowie
Ausfall oder verminderte Einspeisung von konventionellen und regenerativen Kraftwerken.
Würden die Prognosefehler bei Stromverbrauch und
Dieser Effekt entsteht durch den systematischen Fehler zwischen dem von den Stromhändlern prognostizierte 15-Minuten Fahrplan des Stromverbrauchs und dem von den Händlern an der Strombörse EEX gekauften Stundenblöcken. Bei steigender Last (z.B. morgens) werden die an der Börse als Stundenprodukte gekauften Erzeugungskapazitäten nicht kontinuierlich, sondern erst zum Stundenwechsel zugeschaltet. Dies führt beim Aktivieren der Leistung zu einer Überversorgung, wodurch die Netzfrequenz bis zum Einsetzen der Sekundärregelleistung kurzzeitig steigt. Bei der abendlichen Lastreduktion ist dies umgekehrt zu beobachten.
Wegen der Trägheit der thermischen Kraftwerke wäre es erlaubt, die Laständerung als Rampe innerhalb von 15 Minuten abfahren. Die Frequenzabweichung zeigt, dass die Rampen viel schneller gefahren werden. Wegen des Einsetzens der Sekundärregelleistung kann die Zeit nicht genau bestimmt werden, augenscheinlich wird die Leistung innerhalb von ca. 4 Minuten aktiviert bzw. zurückgenommen.
Das linke Bild zeigt die Frequenzabweichung der morgendlichen Stunden von 5 Uhr bis 10 Uhr, das rechte Bild den Abend (19 Uhr bis Mitternacht). Entsprechend
dem morgendlichen Lastanstieg und der abendlichen Lastreduktion zeigt sich dabei das entgegengesetzte Bild der Frequenzabweichungen.
Dieser systematische Fehler beansprucht zum Stundenwechsel häufig mehr als 50 % der Primärregelleistung, wodurch diese während dieser Zeit nicht mehr zum Ausgleich anderer Fehler zur Verfügung steht. Erst wenn die Mehrzahl der Stromhädler diese Bilanzfehler am neu geschaffenen Markt für 15-Minuten Produkte ausgleicht, dann wird der Effekt deutlich abgeschwächt.
10.02.2012
Die EEX hat am 14.12.2011 den Handel mit Fünfzehn-Minuten-Kontrakten gestartet. Die 15-Minuten Kontrakte können intraday im Zeitfenster von zwei Stunden bis 45 Minunten vor Leistungserbringung der jeweiligen Stunde gehandelt werden (Pressemeldung der EEX zu Viertelstunden-Handel). Es ist zu erwarten, dass damit die durch die Stundenprodukte generierten Netzfrequenzabweichungen und die Kosten für die Regelleistung zum Ausgleich dieser Bilanzfehler sinken.
21.12.2011
Um bei Netzstörungen die Wiederherstellung des ungestörten Betriebs nicht durch ungesteuerte Erzeugungsanlagen zu gefährden, dürfen regenerative Erzeugungsanalgen (z.B. Windkraft oder Photovoltaik) sowie dezentrale Erzeuger wie BHKWs nur einspeisen, wenn für mindestens eine Minute die Netzspannung und die Netzfrequenz in einem zulässigen Bereich liegen.
Durch den Zubau der regenerativen Energieerzeuger sind die Leistungen, die beim Auftreten einer Überfrequenz abschalten würden so groß, dass die dann im Netz fehlende Leistung nicht durch die Primärregelleistung aufgefangen werden könnte, was dann zu einer Unterspeisung des Netzes und im schlimmsten Fall zu einem Blackout führen kann. Zur Vermeidung dieses Problems wird die Abschaltung im Falle einer Überfrequenz neu geregelt, indem die gleichzeitige Abschaltung verhindert wird. So sollen die Hersteller bei neuen Anlagen die Abschaltfrequenz gleichverteilt zwischen 50,3 Hz und 50,5 Hz in 0,1 Hz Schritten einstellen. Damit schalten die Anlagen nicht mehr in einem durch Messfehler entstehenden schmalen Band um 50,2 Hz ab, sondern in einem Bereich zwischen 50,3 Hz und 50,5 Hz. Somit steigt die Chance, dass sich das System bei Überfrequenz selbst stabilisiert, und stabilisierende Maßnahmen erhalten mehr Zeit. Für Bestandsanlagen wird derzeit diskutiert, ob eine Nachrüstung durchgeführt werden muss, und falls ja, ab welcher Anlagengröße und mit welchem vertretbaren Aufwand.
Beschreibung der Probematik vom VDE
Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (FNN): Rahmenbedingungen für eine Übergangsregelung zur frequenzabhängigen Wirkleistungssteuerung von PV-Anlagen am NS-Netz
26.11.2011
Am 13. Juli 2011 gegen 22:34 (Pressemeldung), kam es im gesamten Stadtgebiet von Hannover zu einem Stromausfall. Verursacht wurde er durch den Ausfall eines Kohleblocks und eines Umspannwerks (n-2), was zu einer lokalen Unterversorgung der Stadt und damit zu einem Lastabwurf führte. Innerhalb von ca. 20 Minuten konnte das Stadtgebiet wieder komplett versorgt werden.
Der Lastabwurf hat kaum sichbare Auswirkungen auf die Netzfrequenz, wie die folgende Abbildung zeigt. Stärker wirkt sich der Beginn eines neuen Stundenblocks an der EEX um 23:00 Uhr aus. Da zwischen 23:00 Uhr und 24:00 Uhr die Last geringer als in der vorherigen Stunde ist, reduzieren viele Kraftwerke beim Stundenwechsel ihre Leistung von der vorherigen auf die neue Stundenleistung. Diese aprupte Leistungsreduktion führt zu einer Verringerung der Netzfrequenz, welche nach wenigen Sekunden von der Primärregelleistung gestoppt und danach von der Sekundärregelleistung wieder ausgeglichen wird. Dieser Effekt und mögliche Lösungen sind in der Dissertation von Tobias Weißbach beschrieben.
15.07.2011
Am 19. und 24. Februar 2011 kam es zu starken Pendelungen im europäischen Verbundnetz, welche mit ±100 mHz so stark waren, dass swissgrid aktiv in die Netzfrequenzregelung eingreifen musste (Analysis of CE Inter-Area Oscillations of 19 and 24 February 2011). Beide Male traten kurz nach dem Stundenwechsel auf. Diese Pendelungen treten seit vielen Jahren auf, waren jedoch noch nie so stark. Zur Messung der Pendelungen existiert ein Messnetz (Wide Area Monitoring), welches mit sog. Synchrophasoren mittels der GPS-Zeit synchron Netzfrequenz und Phasenwinkel misst.
Das Auftreten und die Gründe für die Netzpendelungen sind in dem Vortrag Überwachung der Netzdynamik im europäischen Verbundnetz von Walter Sattinger schön beschrieben.
2011